Hochfrequente Vibrationen spielen bei der Manipulation von Objekten eine wichtige Rolle. Systeme zur Übermittlung von Vibrations-Informationen, die ursprünglich zur Unterstützung sehbehinderter Menschen entwickelt wurden, lassen sich auch erfolgreich im Bereich der Teleoperation einsetzen. Frühe Versuche bestanden darin, Vibrations-Informationen akustisch über Lautsprecher zu übermitteln oder über ``vibrierende'' Joysticks.
Hochfrequente Vibrationen lassen sich nur schwer lokalisieren, so daß ein einziges Gerät zur Erzeugung solcher Vibrationen pro Finger genügt. Man kann zwei Arten von schnell adaptierenden Rezeptoren in den Fingerspitzen unterschieden, die zur Wahrnehmung von Vibrationsreizen dienen: Die schnell adaptierenden Nervenendigungen der Mechanorezeptoren vom Typ I (sogenannte FAI-Rezeptoren, die nur in der haarlosen Haut vorhanden sind) besitzen ein keines rezeptives Feld von 3-4 mm Durchmesser und lassen sich am besten durch Vibrationen zwischen 10 und 60 Hz erregen. Das rezeptive Feld der Rezeptoren vom Typ II (sogenannte FAII-Rezeptoren) beträgt dagegen mindestens 20 mm; diese Rezeptoren reagieren auf Vibrationen über 60 Hz. Kaczmarek und Bach-y-Rita (1995) geben folgende Funktionen der verschiedenen Rezeptortypen an:
Griffin (1997) beschreibt eingehend die Wirkung von Vibrationen auf die visuelle Wahrnehmung und die Ausführung manueller Aufgaben, außerdem beschreibt er die Risiken, die von Vibrationen ausgehen können. Wichtige Aspekte von Vibrationen sind Vibrationen des gesamten Körpers, über die Hände übertragene Vibrationen sowie die durch niederfrequente Vibrationen ausgelöste Bewegungskrankheit.
Die Größe von Vibrationen wird üblicherweise durch deren Beschleunigung ausgedrückt, andere Maße sind deren Amplitude oder Geschwindigkeit. Die Frequenz einer Vibration beeinflußt, wie stark sich vom Körper übertragen wird. Vibrationen des gesamten Körpers werden durch verschiedene industrielle Maschinen und durch alle Arten von Transport erzeugt. Eine Verdopplung der Größe der Vibrationen bewirkt auch etwa eine Verdopplung der dadurch bewirkten Unangenehmheit, die auch mit der Dauer der Vibrationen zunimmt.
Vibrationen behindern die Durchführung von Tätigkeiten einerseits durch Störung der Informationsaufnahme (vor allem über die Augen; hier ist zu beachten, daß HMDs nicht vibrieren sollen), andererseits auch durch Störung der durchzuführenden Bewegungen und auch durch Störungen zentraler Prozesse (wie Lernen, Gedächtnis oder Entscheidungsfindung). Bei lang andauernden oder zu starken Vibrationen können auch Gesundheitsschädigungen auftreten.
Als mögliche Ursachen der Bewegungskrankheit diskutiert Griffin (1997) widersprüchliche Inputs aus den sensorischen Systemen, die Körperbewegungen registrieren, also aus dem visuellem, vestibulärem und somatosensorischem System. Auch unerwartete oder früherer Erfahrung widersprechende Inputs aus diesen Systemen können zu Bewegungskrankheit führen. Eine weitere Ursache können Schwingungen von einer Frequenz unter einem Hertz sein.
Haptische Displays zur Erzeugung hochfrequenter Vibrationen lassen sich sehr einfach aus Lautsprechern herstellen, da hierfür ein Frequenzbereich zwischen 60 und 1000 Hz bei variabler Amplitude realisiert werden soll. Das von Kontarinis und Howe (1995) beschriebene System besteht aus einem umgedrehten Lautsprecher (ohne Membran und Korb; umgedreht, um höhere bewegte Massen zu erzielen), der von einem einfachen Verstärker angetrieben wird. Der maximale Hub beträgt 3 mm und es kann eine maximale Kraft von 0.25 Newton bei 250 Hz ausgeübt werden.
Der Hauptvorteil solcher Vibrations-Systeme ist deren Unterstützung bei verschiedenen Aufgabentypen (siehe Abschnitt 5.3.3) und deren niedriger Preis.
Kontarinis und Howe (1995) verwenden ein Miniatur-Beschleunigungsmeßgerät als Vibrationssensor, das auf der Innenseite der Fingerspitze eines Roboter-Finger angebracht ist. Das von diesem Sensor aufgenommene Signal braucht nur über einen handelsüblichen Verstärker verstärkt zu werden, um das taktile Display anzusteuern.
Daraus läßt sich ein Teleoperations-System aufbauen, das über weitere Sensoren auch Greifkräfte rückmelden kann. Kontarinis und Howe (1995) verwenden ein System mit zwei Fingern, die sich innerhalb einer Ebene frei bewegen können. Die Zeitverzögerung zwischen Sensoren und Display beträgt dabei nur 15 Millisekunden.
Nach Kaczmarek und Bach-y-Rita (1995) eignet sich taktiles Feedback zum Einsatz in Teleoperations-Systemen besonders gut: Der Benutzer fühlt sich dadurch direkt in die Szene integriert (ähnlich wie beim Beurteilen einer Oberflächenstruktur durch Berührung mit einem Stift die Oberfläche direkt empfunden wird und nicht als ein vibrierender Stift). So kann beispielsweise taktile Information über ein räumliches Muster, die über ein taktiles Display am Rücken wahrgenommen wird, als räumlicher Gegenstand wahrgenommen werden (distal attribution). Voraussetzung hierfür ist, daß ein perzeptuelles Modell der wahrgenommenen sensorischen Information gebildet wird, das als Funktion der motorischen Kontrolle über die wahrgenommene Umgebung empfunden wird. Bei der Teleoperation ist deswegen eine genaue Übertragung sensorischer Information wichtig.
Kontarinis und Howe (1995) unterscheiden dabei drei verschiedene Situationen, in denen Vibrationsinformation relevant sein kann:
Kontarinis und Howe (1995) untersuchten diesen Aspekt, indem über Teleoperation defekte Kugellager durch Drehen an diesen identifiziert werden sollten. Vibrationsinformation bringt zwar eine Verbesserung der Identifikationsleistung, optimal wird diese aber erst, wenn gleichzeitig noch force-feedback dargeboten wird.
Experimentell wurde dieser Aufgabentyp von Kontarinis und Howe (1995) folgendermaßen realisiert: Eine Nadel sollte per Teleoperation durch so ein Klebeband gestochen werden, daß sie dabei möglichst wenig in das darunter liegende Material eindringt. Sowohl alleinige Rückmeldung über ausgeübte Kräfte als auch über Vibrationen führt dazu, daß seltener zu starke Kräfte angewandt werden, aber erst die Kombination der beiden Rückmeldung verhindert dies fast immer.
In den von Kontarinis und Howe (1995) hierzu durchgeführten Experimenten sollten die Versuchspersonen einen per Teleoperation einen Stift in eine entsprechende Aussparung stecken.
Insgesamt zeigt sich in der Untersuchung von Kontarinis und Howe (1995), daß sich Rückmeldung über Greifkräfte und über Vibrationen zusammen gut ergänzen. Es handelt sich um komplementäre Modalitäten, die die Leistung aus unterschiedlichen Gründen verbessern.
Beim Auftreffen eines Stiftes auf einer Oberfläche werden Vibrationen im Stift erzeugt, an denen zwei Aspekte bedeutsam sind:
In einer Untersuchung von Wellman und Howe (1995) lernen Versuchspersonen in einer Übungsphase, durch Klopfen eines 100 Gramm schweren Aluminiumstifts auf verschiedene Materialien (Styropor, Silikon, Holz, Plastik und Aluminium) im Paarvergleich zwischen diesen zu unterscheiden. Je größer der Härteunterschied zwischen diesen Materialien ist, desto gelingt ihnen dies auch korrekt. Die Kraft, mit der der Stift auf die Materialprobe auftrifft, wird konstant gehalten.
Außerdem werden empirisch die beim Auftreffen des Stiftes erzeugten Vibrationen bestimmt und mathematisch modelliert. Im zweiten Teil des Experiments werden dann die entsprechenden Vibrationen über ein vibrotaktiles Interface (ähnlich dem von Kontarinis und Howe (1995) beschriebenen) vermittelt. Auch aufgrund dieser Reize ist eine Unterscheidung der Materialien möglich.
Die Untersuchung von Wellman und Howe (1995) ergibt somit, daß Versuchspersonen die Steifigkeit einer Oberfläche alleine aufgrund ihrer Wahrnehmung hochfrequenter vibrotaktiler Informationen beurteilen können, ohne Rückmeldung über die beteiligten Kräfte zu erhalten.