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Charakteristik eines haptischen Displays

Brown und Colgate (1994) definieren ein haptisches Display durch die Möglichkeit für den Benutzer, virtuelle Umgebungen zu berühren, zu spüren und zu manipulieren, ohne sie zu sehen. Eine besonders wichtige Anwendungsmöglichkeit besteht in der Entwicklung neuer Werkzeuge und im Training von deren Benutzung.

Erfolgreiche VR-Applikationen sollen nach Brown und Colgate (1994) in der Lage sein, eine Menge an haptischen Primitiven (z.B. Federn, Gummibänder, Trägheit, Reibung oder feste Nicht-Linearitäten) darzustellen und diese beliebig zu kombinieren. Solche haptische Primitive können durch ihren mechanischen Widerstand beschrieben werden, der von der Bewegung und Kräften (und möglicherweise vorausgegangenen Zuständen) abhängt.

Nach Tsai (1996) ist von einem haptischen Display außerdem zu fordern, daß für die einzelnen Objekte ein weiter Bereich an Widerständen simuliert werden kann (dieser wird auch als Z-width bezeichnet): Beispielsweise soll der Widerstand beim Bewegen eines Bleistiftes im freien Raum sehr gering sein, während er beim Pressen des selben Stiftes gegen eine Wand sehr hoch sein soll.

Simulation fester Körper

 

Brown und Colgate (1994) untersuchen die Anforderungen an die Steuerung von VR-Applikationen, die sich insbesondere durch den Echtzeit-Betrieb ergeben. Ein Problem stellt dabei das Auftreten von Schwankungen dar, die aus Rechenungenauigkeiten resultieren, und die sich bei Verwendung iterativer Prozeduren aufschaukeln können. Dadurch werden feste Objekte nicht immer statisch dargestellt. Brown und Colgate (1994) untersuchen auch die mathematischen Konzepte, die zur Berechnung der Koordinaten der Oberflächenpunkte der virtuellen Objekte bei Bewegungen eingesetzt werden. Dabei spielen die Freiheitsgrade der Bewegung, deren Geschwindigkeit, Merkmale der Objekts und die Position anderer Objekte eine Rolle.

Die Simulation fester Körper ist vor allem deshalb schwierig, weil bei den dafür erforderlichen Berechnungen (es werden Ableitungen gebildet) oft gewisse Ungenauigkeiten auftreten, die sich von einem Rechenzyklus zum nächsten fortpflanzen und sich dabei aufschaukeln können. Dadurch wird beim Benutzer der Eindruck von festen Objekten zerstört oder zumindest abgeschwächt. Weitere Instabilitäten entstehen aus der Aufteilung in diskrete Zeitzyklen: Tsai (1996) zeigt, daß dadurch eine virtuelle (verlustfreie) Feder sich nur aus diskreten Energieniveaus bewegen kann, was letztlich dazu führt, daß sie immer mehr an Energie gewinnt (während des Zusammendrückens wird die Kraft etwas unterschätzt - da sozusagen zu Beginn eines Zeitzyklus abgeschnitten wird - und während des Auseinanderdehnens wird die Kraft etwas überschätzt). Daher wird die Energie der Feder insgesamt zunehmen, wenn keine Verluste in das System eingebaut sind. Ähnliche Probleme werden von Tsai (1996) auch im Zusammenhang mit der Kollision von festen Objekten in Systemen mit diskreter Zeiteinteilung (discrete time) betrachtet.

Brown und Colgate (1994) stellen deshalb folgende Anforderungen an haptische Displays:

Brown und Colgate (1994) geben eine Gleichung an, nach der sich die mindestens erforderliche Dämpfung eines Systems berechnen läßt, die für den Eindruck der Stabilität eines haptischen Displays erforderlich ist (siehe auch Tsai, 1996). Sie zeigen außerdem, daß insbesondere die Modellierung von virtuellen Wänden sehr schwierig ist.

Kollision von Körpern

Eine angemessene Behandlung der Kollision von Körpern ist vor allem beim Gebrauch virtueller Werkzeuge wichtig: Dabei spielen relative Bewegungen, Kollisionen, Gleiten entlang einer Kante, Durchdringung, Schneiden usw. eine Rolle.

Colgate, Stanley und Brown (1995) untersuchen die Identifikation und Behandlung der Kollision von virtuellen Objekten. Dabei entstehen unilaterale Constraints, die einem Durchdringen der Körper entgegenwirken und diese gleichzeitig nicht zusammenhalten. Ein Problem beim Erkennen von Kollisionen in Echtzeit besteht darin, daß diese erst ab einem gewissen Grad der Durchdringung der betroffenen Objekte erkannt werden können und dann sofort aufgehoben werden müßen. Dies ist aber nicht immer eindeutig möglich (nur wenn auf die letzten Positionen der Objekte zurückgegriffen werden kann).

Colgate et al. (1995) beschreiben den mathematischen Rahmen zur korrekten Behandlung von Kollisionen zwischen Objekten. Besonders wichtig ist dabei die Wahl einer hohen Dämpfung des Systems, um die Passivität der Objekte sicherzustellen.


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Last modified 10-29-98