Bis zur Zeit von Descartes (ca. 1650) glaubte man (Erasistratos, Galen, Descartes) an einen spirit, der die Sinneserregung vom empfangenden Organ zum Geist meldet. Glisson (1667) konnte aber zeigen, daß beispielsweise die Kontraktion eines Muskels dessen Volumen nicht erhöht: Der Wasserstand in einem Rohr steigt nicht an, wenn ein darin eingetauchter Arm angespannt wird. Glisson folgerte daraus, daß körperliche Aktionen nicht aus dem Herumreichen von Substanzen resultieren, sondern indem Aktionen ausgelöst werden, zu denen das jeweilige Organ selbst fähig ist. Borelli (1680) vertrat die These, daß dazu über die Nervenfasern entsprechende Erregungen (succus nerveus) weitergeleitet werden.
Ca. 1780 führte Galvani die ersten Experimente an Froschschenkeln durch, aus denen er 1791 die erste Batterie konstruierte. Er vertrat die Überzeugung, tierisches Gewebe könne Elektrizität erzeugen. Volta konnte die Experimente von Galvani replizieren und zeigen, daß die Kontraktion davon abhängig ist, daß zwei verschiedene Metalle in Kontakt mit dem Kreis sind. Um dies zu beweisen, verwendete er angefeuchtetes Papier anstelle der Froschschenkel und -nerven und stellte aus solchen Serien Einheiten (Silber/Papier/Zink - Silber/Papier/Zink - Silber/Papier/Zink ...) her, die beachtliche elektrische Kräfte generieren konnten.
Ohm formulierte sein Gesetz zur galvanischen Spannung im Jahre 1827. Müller schlug 1834 vor, daß die Nervenimpulse elektrischer Art sind. Du Bois (1848) entwickelte die Theorie, daß bei tierischem Gewebe eine Potentialdifferenz bestehen muß (positive Ladung auf einer Seite und negative auf der anderen). Helmholtz bestimmte 1850 die Nervenleitungsgeschwindigkeit (Zeitdifferenz bei Stimulierung an verschiedenen Punkten wir in Bezug gesetzt zur Entfernung dieser Punkte auf Froschschenkel). Bernstein zeigte 1866 durch gleichzeitiges Messen mit mehreren Elektroden, daß Nerven eine Welle negativer Ladungen weiterleiten. 1902 entwickelte er daraus die Membranen-Theorie.
Kronecker fand 1874 das Vorliegen der Refraktärzeit bei Muskeln; 1899 zeigten Gotch und Burch, daß dies auch bei Nerven der Fall ist. Man folgerte, daß sensorische und motorische Nerven ähnlich aufgebaut sein müssen. 1912 beschrieben Adrian und Lucas den zeitlichen Verlauf der Refraktärperiode und unterschieden zwischen absoluter und relative Refraktärzeit. Das Alles-oder-Nichts-Prinzip geht auf Bowditch (1871) zurück.
Bell (1811) beschreibt, daß Reizung der posterioren Nervenwurzel der Wirbelsäule zu keinen Muskelzuckungen führt, während die bei anteriorer Reizung schon der Fall ist, selbst nachdem die posterioren Nerven durchtrennt waren. Daraus folgerte er, daß die posterioren Nerven nur sensorische Funktion erfüllen, während die anterioren nur motorischen Zwecken dienen. Magendie (1822) führte besser kontrollierte Untersuchungen mit Durchtrennung der jeweiligen Nervenbahnen durch.
1826 entwickelte Johannes Müller auf dieser Grundlage das Gesetz der spezifischen Nervenenergien. Die Untersuchung sensorischer Nerven erwies sich aber im Vergleich zur Behandlung motorischer Nerven als schwieriger, daß eine Reizung der sensorischen Nerven nicht unbedingt zu einem beobachtbaren Verhalten führen muß; man ist daher auf Introspektion angewiesen. Erst im 20. Jahrhundert wurden entsprechende Meßgeräte entwickelt (Mikroelektroden).
Drei Aspekte der sensorischen Konduktion erwiesen sich als besonders wichtig:
Die Nerven leiten keine verkleinerte Repräsentation der Objekte (bzw. Objektattribute) weiter, wie in der Antike vermutet wurde, sondern eine symbolische Repräsentation, bei der eine feste funktionale Beziehung zwischen den Objekten und der Nervenerregung besteht, so daß das Gehirn aus der Nervenerregung auf Eigenschaften des Objektes zurückschließen kann. Die spezifischen Nervenenergien stellen derartige symbolische Repräsentationen dar.
Vorreiter dieser Idee sind John Lock (1690; er spricht von secondary qualities der Objekte: ein Ton ist beispielsweise keine Vibration, obwohl Töne ohne Vibration nicht möglich sind), Thomas Young (1801; er geht von drei Arten optischer Nerven aus) und Charles Bell (1811; Bell-Magendie-Gesetz).
Johannes Müller schließlich formulierte das Gesetz der spezifischen Sinnesenergie (1826 bzw. 1838), wobei er zehn verschiedene Teilgesetze unterscheidet, die sich folgendermaßen zusammenfassen lassen:
Letztlich führte die Theorie der spezifischen Nervenenergien zur Entdeckung der einzelnen sensorischen Zentren im Gehirn; allerdings bringt die Lokalisierung der sensorischen Zentren die Psychologie kaum weiter. In diesem Zusammenhang muß die Phrenologie von Gall (1800) genannt werden, die zeitweise als wissenschaftlich anerkannt und populär war.
Flourens fand bereits 1824, daß verschiedene Teile des Gehirns unterschiedliche Funktionen erfüllen, daß jedoch das Gehirn als Ganzes reagiert. 1861 entdeckte Broca die Sprachzentren des Gehirns. 1870 konnten Fritsch und Hitzig durch schwache elektrische Stimulierung bestimmter Regionen des Cortex spezifische Bewegungen unterschiedlicher Muskeln hervorrufen. Ähnlich wie bei den Nerven war es auch bei den Gehirnzentren schwieriger, die sensorischen zu identifizieren, da man in diesem Fall auf Introspektion angewiesen war. Am besten ließ sich der visuelle Cortex bestimmen. Munk zeigte, daß die Entfernung eines der beiden Okzipital-Lappen dazu führt, daß beide Augen in derselben Hälfte des Gesichtsfeldes blind sind.
1929 faßte Lashley die Erkenntnisse zur Physiologie des Gehirns durch die Prinzipien Equipotentalität und Mass Action zusammen, was gegen genau definierte Areale spricht.
Gasser und Erlanger (1924-1930) konnten zeigen, daß verschiedene Arten somatischer Nerven existieren (unterschiedlicher Querschnitt und mit bzw. ohne Myelinisierung). Heute weiß man, daß die Spezifität der Nerven nicht an diesen selbst liegt, auch nicht an dem Ort von deren Terminierung, sondern in dem gesamten Reaktionsmuster.
Die Rezeptorfelder der Sinnesorgane werden auf das ZNS projiziert; letztlich ist dies die Ursache für den unterschiedlichen Sinneseindruck, der von den einzelnen (spezifischen) Nerven hervorgerufen wird. Beim Sehen und Fühlen liegt außerdem ein Ortsinn vor: räumliche Relationen der Reize spiegeln sich in entsprechenden räumlichen Relationen der Projektionen im ZNS wieder. Weber (1834/1846) glaubte, die Hautoberfläche sei in entsprechende sensorische Kreise aufgeteilt. Bernstein (1871) entwickelte eine explizite Projektionstheorie, die insbesondere auch Irradiation der Erregung postuliert sowie Summation. Boring meint, daß seither keine bedeutende Weiterentwicklung mehr stattgefunden hat.
Das optische Chiasma war bereits Galen (175 A.D.) bekannt und 1613 wurde der Horopter (derjemige Ort im Raum, bei dem Punkte bei binokularer Betrachtung als ein einzelner Punkt wahrgenommen werden) von Aguilonius beschrieben. 1717 nahm Newton an, daß die Hälfte der Fasern beim Chiasma auf die andere Seite kreuzen. Wollaston (1824) berichtet von einer Hemianopie (nur eine Hälfte des Gesichtsfeldes wird wahrgenommen) bei großer Müdigkeit.
Die Projektion der optischen Fasern ergibt sich implizit bereits aus dem Konzept des retinalen Abbildes. Da die Projektion eine eineindeutige Abbildung ist, ergeben sich aus Verletzungen des visuellen Cortexes auch entsprechende Skotome.
Von Isomorphismus kann man dann sprechen, wenn topologische oder räumliche Beziehungen zwischen Punkten erhalten bleiben; räumliche Ordnungen sollen erhalten bleiben. Am einfachsten läßt sich eine derartige Isomorphie überprüfen, indem man prüft, ob Relationen der Nachbarschaft oder des Dazwischen-Liegens erhalten bleiben.
Psychoneuraler Isomorphismus kann als ein Spezialfall der psychophysischen Parallelität angesehen werden. Die entsprechende Frage nach dem Dualismus von Körper und Geist ist sehr alt. Eine mögliche Antwort ist der Interaktionismus: Der Geist beeinflußt den Körper und umgekehrt (cf. Descartes, William James etc.). Die Theorie der Parallelität beginnt dagegen mit Leibnitz, der die prästabilisierte Harmonie postuliert. Der psychophysische Parallelismus wird von Hartley (1749) ins Leben gerufen: Der Geist bildet Assoziationen von Ideen, die parallel zu Assoziationen neuronaler Vibrationen im Gehirn sind. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden die beiden Theorien von der Interaktion und von der Parallelität gleichberechtigt nebeneinander.
Dies änderte sich mit der Entdeckung des Energieerhaltungssatzes bzw. des Gesetzes von der Entropie: Eine Übertragung von Aktivität ist ohne Energieübertragung nicht möglich. Daher ist der Parallelismus die zutreffende Theorie, da mentale Ereignisse parallel zu Handlungen sein können, diese aber nicht verursachen können oder von diesen verursacht werden können. Die physikalisch orientierten Psychologen vertraten von diesem Zeitpunkt an daher alle den parallelistischen Standpunkt.
Lotze (1852) unterschied vier grundlegende Attribute von Reizen, die sich auch in der Empfindung widerspiegeln: Qualität, Intensität, Extension und Dauer. Grassmann (1853) löste das Problem der Komplementärfarben durch Anwendung von Logik: Er formulierte das Axiom, daß eine Empfindungsreihe mit einer Reizreihe korreliert und daß eine Veränderung der Reize sich auch auf die Empfindungen auswirkt. Helmholtz konnte dies empirisch bestätigen.
Fechner konnte die Parallelität zwischen Reizen und Empfindungen weiter bestätigen und sogar quantifizieren. Diesen Standpunkt vertritt auch Mach (1865). G.E. Müller (1896) formulierte folgende psychophysischen Axiome:
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