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Empfindung und Wahrnehmung

Die Grundfrage zur Wahrnehmung besteht darin, wie äußere Gegenstände in den Sinn des Betrachters gelangen können. Man kann dabei sensation (die reine Sinnesempfindung) und perception (das Erfassen eines Objektes) unterscheiden; in der unterschiedlichen Betonung dieser Aspekte unterscheiden sich die eher empirisch orientierten von den eher ganzheitlich (gestaltpsychologisch) orientierten Schulen.

Nativismus und Empirizismus

Ähnlich unterscheiden sich auch die Standpunkte des Nativismus (Descartes angeborene Ideen, Leibniz prästabilisierte Harmonie, Kant a priori Intuitionen) und des Empirizismus (Hobbes, Locke, Berkeley tabula rasa):

Empfindungen

Historisch lassen sich folgende Standpunkte zur Empfindung finden:

Wahrnehmungen

Nach Thomas Reid (1765) wird eine Empfindung von einem Sinnesorgan ausgelöst; die Wahrnehmung (Wundt spricht in diesem Zusammenhang von Vorstellungen) geht jedoch darüber hinaus, indem sie auch ein entsprechendes Konzept aktiviert. Für die Wahrnehmungen spielen daher Assoziationen eine wichtige Rolle. Die Gestaltpsychologie suchte nach Invarianten dieser Wahrnehmungen (Gestaltqualitäten).

Titcheners (1909) Kontexttheorie schreibt neuartigen Beobachtungen nur dann eine Bedeutung zu, wenn entsprechende Vorstellungsbilder aktiviert werden. Wenn eine Wahrnehmung dagegen erst einmal alt (habituiert) ist, kann der Kontext entfallen und die Bedeutung direkt erfaßt werden. Tolman (1918) erkannte als erster, daß adäquates Verhalten eine Bedeutung besitzen kann und daher auch einen effektiven Kontext für die Wahrnehmung darstellen kann.

Külpe (1893) befaßte sich als erster mit den Attributen von Wahrnehmungen: Er nennt Qualität, Intensität und Dauer sowie (für Fühlen und Sehen) Ausdehnung. Solche Attribute lassen sich nicht von den Empfindungen trennen und sie können unabhängig voneinander variieren (letzteres ist aber bei bestimmen Attributen von Tönen nicht der Fall). Dieses Attributkonzept hat aber gewisse Schwierigkeiten:

  1. Was ist die Intensität einer visuellen Empfindung?
  2. Das Volumen von Tönen bleibt unberücksichtigt.
  3. Durch die Festlegung auf eine begrenzte Anzahl von Attributen können nicht beliebige deskriptive Begriffe verwendet werden.
  4. Handelt es sich bei den Attributen um bewußte Konzepte?
Die psychologische Realität solcher Attribute zeigt sich aber beispielsweise darin, daß Versuchspersonen solche Attribute besser beurteilen können, wenn deren Aufmerksamkeit bereits vor der Reizpräsentation auf die entsprechende Dimension gelenkt wird.

Es läßt sich aber auch zwischen verschiedenen Modalitäten eine Einheitlichkeit finden. Wundt wies beispielsweise auf die Ähnlichkeit zwischen Sehen und Fühlen hin; siehe auch cross modality matching.

Psychophysik

Die Methoden zur Untersuchungen von Empfindungen und Wahrnehmungen stammen aus der Psychophysik. Der bedeutendste Namen in diesem Zusammenhang ist Fechner, der 1860 die Elemente der Psychophysik veröffentlichte. Dem ging das allgemeine Erwachen der Naturwissenschaften, die Verbesserung der Beobachtungsmethoden und bessere Messungen voraus.

Fechner (gelernter Physiker) ging vom Weber´schen Gesetz aus, nach dem zwei Empfindungen ebenmerklich unterscheidbar sind, wenn ein bestimmtes (konstantes) Verhältnis der zugrundeliegenden Reizintensitäten vorliegt. Von Fechner stammen folgende wichtige Beiträge zur Psychophysik:

Weitere Namen in der Tradition Fechners sind Delboef, G.E. Müller, Wundt, Merkel, Titchener, Urban und Guilford.

Descartes war grundsätzlich gegen die Messung von Empfindungen, da der Geist nicht körperhaft sei; Herbart wollte zwar Ideen messen und mathematisch formulieren, dazu aber keine Experimente durchführen.


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Last modified 10-29-98