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Navigations- und Orientierungshilfen

Wright und Lickorish (1989) fanden heraus, daß die Leser eines buch-ähnlichen Hypertextes die Navigation mit Hilfe eines Inhaltsverzeichnisses bevorzugen, während bei hierarchisch strukturierten Hypertexten die Navigation direkt aus dem Text heraus bevorzugt wurde und auch bessere Resultate erbrachte. Die Verwendung einer getrennten Navigationshilfe scheint eine zusätzliche kognitive Belastung darzustellen.

Simpson und McKnight (1989) fanden, daß ein hierarchischer Index effizienter ist als ein alphabetischer (genauere kognitive Landkarte bei den Benutzern und weniger Öffnen irrelevanter Knoten). Die Anzeige der momentanen Position verbesserte zwar anfangs die Navigation, wirkte sich aber nicht auf die Bildung kognitiver Landkarten oder auf die Beantwortung von Fragen zum Text aus. Auch typographische Merkmale zeigten keinen Einfluß. Diese Autoren fanden auch eine Korrelation zwischen der Effizienz der Navigation (Anzahl besuchter Knoten) und der Genauigkeit der kognitiven Landkarte (die mit einem card-sort erhoben wurde).

Eine interaktive Landkarte zeigt dem Benutzer einen Ausschnitt aus der Struktur des Hypertextes und die Beziehung verschiedener Textteile untereinander. Hammond und Allison (dargestellt in Foltz, 1996) konnten jeoch kein besseres Textverständnis durch den Einsatz solcher Landkarten nachweisen, allerdings veränderte sich der Navigationsstil der Versuchspersonen und sie besuchten mehr Knoten.

Graphische Übersichten nutzen die ausgeprägten visuell-räumlichen Fähigkeiten der Benutzer; das Problem dabei ist allerdings, daß keine natürliche Topographie der Informationsräume existiert. Bei graphischen Browsern treten Probleme aus folgenden Ursachen auf:

Nach Bernstein (1988) bestehen Hypertext-Systeme aus Informationseinheiten, Verknüpfungen und Navigationshilfen. Als Orientierungshilfen können Bookmarks (Kennzeichnung von Orten, an die man zurückkehren will), Thumbtabs (für Informationen, die für alle Benutzer relevant sind) und Breadcrumbs (als bereits gelesen markierten) eingesetzt werden. Foss (1988) schlägt folgende Orientierungshilfen vor:

Bei der Implementierung des Intermedia-Systems von Utting und Yankelovich (1989) wurde zwischen Information über den zeitlichen Kontext (wie ist man an die entsprechende Stelle gelangt?) und den räumlichen Kontext (wo kann man nun hin?) unterschieden.

Ein Problem bei lokalen Landkarten ist, daß sie sich bei jedem Navigationsschritt verändern und so kein konsistentes Erlernen möglich ist. Probleme ergeben sich auch bei der Darstellung von Übersichten zu größeren Netzwerken: Der auf dem Bildschirm zur Verfügung stehende Platz reicht in der Regel nicht aus und Scrolling ist nur eine Notlösung; außerdem verlieren Benutzer bei mehr als etwa 15 Einheiten auch in der graphischen Übersicht leicht den Überblick. Hier bieten sich abstrakte Übersichten über die Struktur - ohne Inhalt - an (in denen nur die wichtigsten Gliederungspunkte zu sehen sind).

Ein anderer Ausweg ist die Wahl geeigneter Metaphern. Ein Beispiel ist die Metapher der Urlaubsreise, bei der man zwischen einer geführten Tour, der Verwendung von Landkarten und Erkundungen auf eigene Faust (Browsing) wählen kann.

Wegen des begrenzten Platzangebots ist es also bei der Darstellung von Übersichten in Browsern wichtig, die dargestellte Information zu reduzieren. Welche der in Frage kommenden Knoten überhaupt symbolisiert werden sollen, hängt von der Intention des Lesers und den Inhalten der einzelnen Knoten ab; eine Möglichkeit wäre die Zuweisung eines Relevanzmaßes, das aus der Ähnlichkeit zweier Knoten bestimmt werden kann. Eine andere Möglichkeit besteht in der Verwendung von Fisheye Views, bei denen ein (oder mehrere) Knoten als zentral betrachtet werden und um die herum andere Knoten gruppiert werden, deren relative Relevanz durch deren Größe, relative Position und graphischen Stil repräsentiert ist. Bei solchen Ansichten ist aber problematisch, daß der Benutzer nicht wissen kann, welche Knoten nicht dargestellt werden.

Interaktive dynamische Landkarten

Zizi (1996) stellt ein Hypertextsystem vor, das sowohl Browsing als auch Query zur Navigation einsetzt. Herkömmliche Interaktionsstile bieten dem Benutzer eingeschränkte Sichten auf den Informationsraum an, die den Großteil der Information (und auch deren Struktur) verbergen. Die meisten empirischen Untersuchungen beschränken sich auf hierarchische Strukturen oder kleinere Teilmengen. Von Zizi (1996) werden zwei Varianten von interaktiven dynamischen Landkarten vorgeschlagenen:

Topic Maps stellen eine generelle Übersicht über die in der Textbasis enthaltenen relevanten Informationen dar, in der besonders wichtige Einträge hervorgehoben sind. Die Auswahl der darzustellenden Knoten und derer Verbindungen erfolgt statistisch: Durch eine Volltext-Analyse der gesamten Textbasis wird ein Thesaurus an Deskriptoren (Ausdrücke, die den semantischen Gehalt des jeweiligen Dokuments erfassen) erstellt, die in Klassen eingeteilt sind, und an semantischen Beziehungen zwischen diesen Deskriptoren. Zwischen den einzelnen Paaren von Deskriptoren läßt sich dann ein Ähnlichkeitsindex bestimmen.

Diese Übersichten sind interaktiv: Es können durch Anklicken Suchanfragen gestartet werden (durch Drag-And-Drop verbundene Knoten werden mit AND verknüpft, unverbundene mit OR). Die grafische Visualisierung erfolgt so, daß Knoten mit hohem Ähnlichkeitsindex in enger Nachbarschaft dargestellt werden und daß der am Bildschirm zur Verfügung stehende Platz optimal genutzt wird. Der Benutzer kann Schwellenwerte für die Ähnlichkeit festlegen, ab der Knoten angezeigt werden.

Document Maps bieten eine Übersicht über Teilmengen der Hypertextbasis. Sie repräsentieren entweder durch Suchanfragen gefundene Dokumente oder vom Benutzer oder Autor manuell zusammengetragene Dokumente. Eng zusammengehörige Dokumente werden in räumlicher Nähe dargestellt, besonders relevante Einheiten werden größer dargestellt (die größere Fläche wird dazu genutzt, zusätzliche Attribute des entsprechenden Dokuments darzustellen). Durch Anklicken eines Knoten lassen sich auch Knoten mit ähnlichem Inhalt suchen (query by example).

Diese beiden Arten von Übersichten können simultan bearbeitet werden, da sie sich sehr gut ergänzen. Diesem System liegt die Metapher der Reise zugrunde; die einzelnen Knoten repräsentieren unterschiedlich große Städte und die Verknüpfungen entsprechen Verbindungsstraßen.

Werden alle Verbindungen zwischen verschiedenen Knoten sichtbar gemacht, wird die Darstellung schnell unübersichtlich. Deshalb werden nur diejenige Verbindungen angezeigt, die direkt vom momentanen Focus des Benutzers wegführen (man könnte den Verbindungen auch Gewichtungsfaktoren zuweisen und dann eine untere Schwelle definieren).

Zur deutlicheren Darstellung einzelner Ausschnitte lassen sich fisheye views einsetzen (bei besonders relevanten Dokumenten werden viele Attribute angezeigt, bei weniger relevanten nur der Name). Eine Vergrößerung der physikalischen Größe der Darstellung eines Knotens bewirkt also auch eine Erhöhung der semantischen Information. Beim Zooming wird dagegen ein bestimmter Teilbereich mit der maximalen Information zu den Attributen dargestellt.

Das System Pad++ von Bederson, Hollan und Stewart et al. (1998) setzt eine Kombination aus Zoom und Fisheye-View ein: Eine anklickbare Übersicht über den Hypertext (die gescrollt werden kann, panning) zeigt den gerade fokussierten Knoten in allen Details und die damit verbundenen Knoten mit zunehmender Entfernung immer kleiner (aber, bei entsprechender Bildschirmauflösung, teilweise immer noch leserlich) an. Der Benutzer kann beliebige sichtbare Knoten direkt anwählen oder zoomen. Die Option zoom all versucht, den gesamten Hypertext sichtbar zu machen. Mit diesem System gelingt das Auffinden von Informationen 23% schneller als mit dem Netscape Navigator, außerdem ist die Benutzerzufriedenheit sehr hoch.

Die dargestellten Übersichten (Landkarten) können vom Benutzer auch bearbeitet (Anmerkungen, Umgruppierungen, Verschiebungen usw.) und abgespeichert werden. Somit ist eine Wiederverwertung und ein gemeinsames Bearbeiten mit anderen Benutzern möglich.

Integrieren von Query und Browsing durch Struktur

Datenbankabfragen eignen sich zum Zugriff auf große unzusammenhängende Informationsmengen, Browsing ist dagegen eher zum Finden von Information in kleinen, strukturierten Datenmengen geeignet. Man kann aber auch das Anklicken einer Verknüpfung in einem Hypertext als Suchanfrage betrachten und die Darstellung der angewählten Seite als Ergebnis der Suchanfrage. Für andere Fälle schlagen Wilkinson und Fuller (1996) eine Integration dieser beiden Suchmechanismen vor, die sich die in den einzelnen Texten enthaltene Struktur zunutze macht. Die Autoren unterscheiden folgende Arten der Struktur;

logische Struktur (hierarchische Aufgliederung in Kapitel, Abschnitte, Referenzen usw.);

Struktur der Präsentation (Hervorhebungen, Seitenumbrüche, Zentrieren usw.).

Wilkinson und Fuller (1996) gehen von einer Hypertextbasis aus, die eine große Menge entsprechend strukturierter Dokumente enthält. Beispiele hierfür sind Gesetzestexte, Lexikoneinträge, Office-Dokumente, e-mail usw. Dabei können vier Arten von Informationsbedürfnissen entstehen: Die Dokumente, die die entsprechende Information enthalten, sind entweder in einer relationalen Datenbank (Suche nach Attributen), in einem Hypertext (Browsing) oder in einem Information-Retrieval-System (Matching von Text) abgelegt.

Beim Sammeln von Informationen ist es wichtig, nur relevante Knoten zu durchsuchen. Bei der Suche nach Information kann auch der jeweilige Kontext der gespeicherten Information eine Rolle spielen; dieser Kontext kann durch den umgebenden Text, aber auch durch strukturelle Eigenheiten festgelegt werden. Ein Dokumentenfragment, das sowohl hinsichtlich struktureller als auch hinsichtlich inhaltlicher Kriterien mit der gesuchten Information übereinstimmt, ist wahrscheinlich sehr relevant.

Da Hypertextsysteme dem Benutzer die schwierige Aufgabe überlassen, aus der möglicherweise relevanten Information die tatsächlich relevante herauszufinden, sollten entsprechende Systeme den Benutzer dabei unterstützen, indem sie Information über die Relevanz, den Kontext, die Attribute und die Beziehungen zwischen den Informationseinheiten rückmelden. Ein entsprechendes System sollte folgende Möglichkeiten aufweisen:

Nachdem eine entsprechende Suche gestartet wurde, soll die Fähigkeit des Menschen genutzt werden, geeignete Information in der Menge der gefundenen Dokumente zu suchen. Dazu sollten ihm nach Wilkinson und Fuller (1996) folgende Informationen dargeboten werden:

Wenn es darum geht, bestimmte Dokumentfragmente (Fenster einer festen Größe, Absätze, Seiten oder durch die explizite Struktur des Dokuments vorgegebene Fragmente) zu finden bzw. abzurufen, ist es meist wünschenswert, zusätzlich einen geeigenten Kontext spezifizieren zu können, der durch Attribute (wie das Erstellungsdatum) oder durch strukturelle Merkmale (das Fragment soll aus einem bestimmten Kapitel stammen) oder wiederum durch den Inhalt festgelegt ist. Zur Durchführung einer entsprechenden Suche genügt eine Volltext-Suche nicht, für die Suche nach Attributen oder Strukturmerkmalen werden auch Leistungen einer Datenbank benötigt.

Die Gliederung nach strukturellen Elementen ist für den Leser sinnvoll. Auch einzelne Links können als Attribute des entsprechenden Dokumentenfragments betrachtet werden: Man kann beispielsweise nach allen Dokumenten fragen, die auf ein bestimmtes Fragment verweisen. Wilkinson und Fuller (1996) nennen verschiedene Möglichkeiten, bei der Suche nach relevanter Information mehrere Kriterien zu verknüpfen:

Die Entwicklung von Navigationshilfen

Bei größeren Netzstrukturen produzieren Browser nur mehr unübersichtliche Darstellungen sich überkreuzender Verknüpfungen, die nicht auf den Bildschirm passen. Durch dreidimensionale Darstellung kann die Struktur dagegen so gezeigt werden, daß sich einzelne Verknüpfungen nicht überschneiden. Man unterschiedet hierbei:

schematische Repräsentationen (Distanz zwischen den Knoten und Richtung der Verknüpfungen haben keine Bedeutung) und

räumliche Repräsentationen (Distanz zwischen Knoten drückt deren wechselseitige Bezogenheit aus).

Smith und Wilson (1993) untersuchen die Auswirkungen einer solchen schematischen Repräsentation gegenüber einer räumlichen sowie einer zweidimensionalen gegenüber einer dreidimensionalen. Als Beispiel wurde ein akademisches Informationssystem implementiert, das Auskunft über die Personen und Projekte am Institut geben sollte: Es läßt sich keine dieser Darstellungsformen eindeutig favorisieren, da jede für unterschiedliche Zwecke geeignet ist. Stehen funktionale Beziehungen im Vordergrund, sind schematische Darstellungen gut geeignet; geht es dagegen eher um topographische Relationen, dann ist eine räumliche Darstellung überlegen. Smith und Wilson (1993) hoffen, daß sich bei einer räumlichen Darstellung nach gewisser Zeit Wissen sowohl über funktionale als auch über propositionale Aspekte der Datenbank bzw. der Domäne herausbildet. Bei komplexen Domänen mit festen physikalischen Manifestationen scheint die dreidimensionale räumliche Darstellung besonders überlegen zu sein., bei einfachen Informationssystemen reicht hingegen eine zweidimensionale Darstellung aus (bei abstrakteren Themen ist eher eine schematische Darstellung geeignet, bei konkreteren eher eine räumliche).

Das Hinzufügen einer dritten Dimension macht das Navigieren anfangs schwieriger, unter geeigneten Bedingungen ist es jedoch eine große Hilfe beim Erkunden und Gebrauchen des Hypertextes und somit auch bei der Aufgabenbearbeitung.


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Last modified 10-29-98