Allgemein wird angenommen, daß sich durch eine möglichst realistische Darstellung (und insbesondere durch VR) auch die Genauigkeit der mentalen Repräsentation einer (virtuell dargebotenen) Szene erhöhen läßt. Es finden sich aber Hinweise in der Literatur darauf, daß die Benutzer virtueller Umgebungen die Größe von Objekten systematisch unterschätzen (wegen ungenauer Darstellung und Verzerrung am Rand der Anzeige von HMDs).
Caird und Hancock (1991) konnten bereits nach 30-minütigem Umgang mit einem VR-System genauere absolute und relative Urteile zur räumlichen Lage nachweisen; aber auch nach der Übungsphase werden wieder systematische Verzerrungen gefunden. Tversky und andere verwenden eine Priming-Methode zum Nachweis solcher Verzerrungen. Sie finden, daß bereits besuchte Wege kürzer erscheinen; Entfernungen zwischen nicht verbundenen Orten wirken dagegen länger.
In dem Experiment von Arthur, Hancock und Chrysler (1997) wird untersucht wie gut sich Versuchspersonen die Lage und Entfernungen von neuen Gegenständen merken können, die auf verschiedene Weise präsentiert werden:
Beim Einschätzen der Entfernungen zwischen den Objekten ergibt sich eine signifikante Wechselwirkung zwischen Geschlecht und Präsentationsart: Frauen kommen besser mit der einäugigen unbewegten Betrachtung zurecht. Beim Zeichnen der Landkarten zeigt sich ein signifikanter Haupteffekt der Präsentationsmethode, da die einäugige Betrachtung überlegen ist. Bei am Rand der Präsentationsfläche liegenden Objekten ist die Ungenauigkeit größer, vermutlich weil sie mit weniger anderen Objekten in Beziehung gesetzt werden können (es können daher weniger constraints gebildet werden; dafür spricht auch, daß Landmarken und deren Umgebung in anderen Untersuchungen besonders gut erinnert werden können). Schließlich läßt sich eine größere Genauigkeit bei den Urteilen zu Objekten nachweisen, die sich in einer vor-oder-hinter-Relation stehen.
Insgesamt ergibt sich in der Untersuchung von Arthur et al. (1997) damit, daß sich die reale und die virtuellen dreidimensionale Darstellung kaum unterschiedlich auf die Bildung einer räumlichen Landkarte auswirken, während das Betrachten eines Abbildes den beiden aktiven Varianten überlegen ist. Euklidische Distanzen scheinen ein geeigneterer Input zum Erlernen räumlicher Zusammenhänge zu sein als aktives Explorieren (wahrscheinlich, weil nur eine Perspektive vorliegt und diese somit auch leichter erlernt werden kann; außerdem führt das aktive Navigieren möglicherweise zu einer erhöhten kognitiven Belastung, die das Erlernen ebenfalls stören kann).