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Informationsabruf in Hypertexten

Bei einem typischen Hypertextsystem entspricht ein am Bildschirm angezeigtes Fenster einem Knoten der zugrundeliegenden Datenbank. Letztlich verfolgt man das Ziel, das Navigieren optimal in die Datenbank zu integrieren, so daß der Benutzer seine kognitiven Ressourcen direkt auf die jeweilige Aufgabe richten kann und nicht auf den Gebrauch des Systems. Die Entwicklung derartiger Systeme läuft zyklisch ab: Aufgrund realer oder antizipierter Probleme der Benutzer werden bestimmte Design-Richtlinien spezifiziert, die bei der Entwicklung des Systems realisiert werden. Nach Fertigstellung erfolgt eine Evaluation (beispielsweise durch Experten oder Benutzerstudien), die möglicherweise wiederum Probleme der Benutzer aufdeckt. Der Entwicklungszyklus muß dann von Neuem beginnen.

Der Informationsabruf kann in Hypertexten auf dreierlei Art erfolgen:

Beim Browsing weiß man, wo man sich innerhalb der Datenbank befindet und man will wissen, welche Information dort zu finden ist. Browsing ist mehr oder weniger auf ein bestimmtes Ziel hin ausgerichtet (Kontinuum zwischen allgemeiner Neugierde und gezielter Suche). Bei der Suche weiß man dagegen, welche Information benötigt wird, man weiß aber (noch) nicht, wo sie zu finden ist, es handelt sich also um eine explizite und zielgerichtete Aktion.

Nach Foss (1989) besteht Browsing im Besuchen einer Menge an zusammengehörigen Konzepten auf dem Weg zum eigentlichen Ziel hin (und eben nicht im direkten Abruf des Items). Die Anwendung von Browsing-Strategien kann auch die ursprünglichen Ziele des Benutzers verändern oder neu definieren. Nach Canter et al. (1985) lassen sich beim Browsing verschiedene Strategien unterscheiden:

scanning: ein großes Gebiet wird oberflächlich betrachtet;

browsing: man folgt einem Pfad, bis das Ziel erreicht ist;

searching: man sucht nach einem explizit vorgegebenem Ziel;

exploring: man versucht den Umfang der verfügbaren Information herauszufinden;

wandering: zielloses und unstrukturiertes Navigieren.

Ein Problem bei der Benutzung von Hypertexten stellt der Orientierungsverlust dar: Man weiß nicht mehr, wo im Hypertext man sich befindet oder man weiß nicht, wie man zu einer Information gelangen kann, die vermutlich im Hypertext enthalten ist. Herkömmliche Texte (z.B. Bücher) sind meist nicht nur von geringerem Umfang, sondern sie enthalten auch paratextuelle Orientierungshilfen (Übersichten, Zusammenfassungen, bestimmtes Aufbauschema). Ein Orientierungsverlust kann unterschiedliche Ursachen haben (cf. Foss, 1989):

Insbesondere wenn der Benutzer mit dem Gegenstandsbereich des Hypertextes wenig vertraut ist, kann er sich nur schwer ein zusammenhängendes Bild der betrachteten Informationen machen. Die Ursache des Orientierungsverlustes kann darin liegen, daß der Benutzer die dem Text zugrundeliegende Struktur nicht kennt, oder darin, daß das Browsing eine kognitiv anstrengende Tätigkeit ist. Schließlich können insbesondere bei Anfängern auch Schwierigkeiten beim Lernen durch Browsing auftreten.

Ein Orientierungsverlust (wenn der Benutzer keine klaren Vorstellungen von den Beziehungen der Einheiten des Systems untereinander hat) läßt sich durch geeignete Navigationshilfen verhindern, die die Bildung einer räumlichen Landkarte der Datenstruktur ermöglichen. Nach Elm und Woods (1985) zeichnet sich eine gute räumliche Navigation durch folgende Eigenschaften aus:

Die Herausbildung kognitiver Landkarten ermöglicht eine bessere Orientierung und außerdem das Finden von Abkürzungen. Navigationshilfen in Hypertexten unterstützen die Bildung kognitiver Landkarten insbesondere dann, wenn es sich um zwei- oder dreidimensionale Darstellungen handelt (im Gegensatz zu Listen bereits besuchter Knoten).


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rainer@zwisler.de

Last modified 10-29-98