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Immersion

Eines der Hauptziele von VR-Applikationen ist es, beim Benutzer ein Gefühl der Immersion hervorzurufen, d.h. den Eindruck, tatsächlich mit der simulierten Szene zu interagieren. Barfield, Zeltzer, Sheridan und Slater (1995) untersuchen, wie sich dieses Gefühl der Gegenwärtigkeit und die Performanz innerhalb virtueller Realitäten bestimmen lassen.

Für ein Gefühl der Gegenwärtigkeit sind hinreichende sensorische Informationen, die Möglichkeit der Kontrolle über diese Informationen (z.B. durch Verändern der Perspektive) und die Möglichkeit zur Modifizierung der Umgebung erforderlich (also Variablen der Hardware, Software, des Individuums und der Aufgabe). Die Schwierigkeit bei der Bearbeitung einer Aufgabe wird durch die Schwierigkeit der Aufgabe selbst und den Grad der Automatisierung bestimmt. Die Schwierigkeit der Aufgabe bestimmt zusammen mit dem Grad der Gegenwärtigkeit das Gefühl der Immersion sowie die Performanz bei der Ausführung der Aufgabe.

Das Gefühl der Immersion wird von der Hardware unter anderem auch dadurch bestimmt, wie detailgetreu die Sinnesorgane des Benutzers gereizt werden können, wie groß dessen (virtuelles) Sehfeld ist und wie schnell die Simulation ist (können flüssige Bewegungen simuliert werden?). Voraussetzung für ein Gefühl der Immersion ist auch die Präsentation solcher virtueller Objekte, die auf die Fähigkeiten und Grenzen des menschlichen sensorischen (und auch kognitiven) Systems abgestimmt sind. Oft bestehen trade-offs zwischen verschiedenen Zielen (z.B. Größe des Sehfeldes und Auflösung der Darstellung bei einem HMD). Für welchen Kompromiß man sich in solchen Fällen entscheidet, sollte von der jeweiligen Aufgabe bestimmt werden.

Barfield, Zeltzer et al. (1995) nennen auch Maße für das Gefühl der Gegenwärtigkeit, außerdem werden Maße zur Bestimmung der kognitiven Auslastung dargestellt:

Psychophysische Maße: Bestimmung der Abhängigkeit zwischen Aspekten der Simulation und dem Gefühl der Gegenwärtigkeit (beispielsweise durch magnitude estimation), Bestimmung von Absolut- und Unterschiedsschwellen zur Beurteilung der Auflösung, Skalierung des Eindrucks der Echtheit der Simulation, ...

Physiologische Maße: z.B. Pupillendurchmesser oder evozierte Potentiale (P300) als Indikator für kognitive Auslastung, ...

Performanz-Maße: Wie reagiert der Benutzer auf Ereignisse in der virtuellen Welt (sagt er Gesundheit, wenn ein Niesen zu hören ist)? Ein Vergleich der Bearbeitung der selben Aufgabe in virtuellen und realen Umgebungen erlaubt die Beurteilung der Güte der Simulation, ...

Bullinger et al. (1997) unterscheiden zwei Kategorien von Einflußfaktoren auf den Grad der Immersion:

Externale Faktoren: Auflösung der Präsentation, sensorische Merkmale, aktive Interaktionsmöglichkeiten, ... Der virtuelle Körper sollte dem realen Körper des Benutzers ähnlich sein und die Kopplung zwischen den Aktionen des Benutzers und deren Auswirkungen sollte einfach und klar erkennbar sein. Verhaltensstereotype (individuell oder kulturell bestimmte Erwartungen und Erfahrungen) verstärken das Gefühl der Immersion. Die Existenz weiterer animierter Objekte , ein klares Handlungsziel, freie Auswahlmöglichkeiten des Benutzers und sofortiges sensorisches Feedback sind ebenfalls hilfreich. Fotorealistische Simulationen sind dagegen nicht zwingend erforderlich.

Internale Faktoren hängen stark von der subjektiven Erfahrung ab. Bereits beim Entwurf von VR-Systemen müssen die kognitiven Prozesse der Benutzer berücksichtigt werden (welche Aspekte der realen Welt sollen simuliert werden, wie orientieren sich Menschen in der realen Welt). Optimal ist ein Integration mehrerer sensorischer Kanäle zu einem konsistenten Ganzen, mit dem in Echtzeit interagiert werden kann. Kopfbewegungen des Benutzers sollten ebenfalls berücksichtigt werden (Bewegungsparallaxe).


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rainer@zwisler.de

Last modified 10-29-98