Nach Berkeley (1709) wird die Distanz von weiter entfernten Objekten eher aufgrund von Erfahrungen (genaugenommen aufgrund der monokularen Tiefenkriterien) als aufgrund des Sinneseindrucks beurteilt, die Distanz näherer Objekte wird dagegen aufgrund von Akkommodation und Konvergenz beurteilt. Später konnte Wheatstone noch die retinale Disparität als drittes Kriterium hinzufügen.
Im 19. Jahrhundert wurde durch den britischen Empirismus anerkannt, daß Wahrnehmung von Erfahrung und Beurteilungen abhängt: Auf der Grundlage von Erfahrungen bildet sich der Geist ein Urteil über die Natur der externen Welt. Helmholtz (1866) konstruierte hierzu die Theorie vom unbewußten Schluß, um diese unmittelbaren und unbewußten Folgerungen erklären zu können. Die Rolle der sensorischen Daten ist die von Kriterien beim Beurteilen. Hauptkriterien (primäre Tiefenkriterien) beim Beurteilen von Entfernungen sind demnach Konvergenz, Akkomodation und retinale Disparität. In Zeichnungen und Gemälden sind es dagegen überwiegend die sekundären Tiefenkriterien, die Informationen über Distanzen liefern. Die Geschichte dieser Kriterien ist auch die Geschichte von deren Anwendung in der Malerei. Boring beschreibt folgende sekundäre Tiefenkriterien:
Ein weiteres interessantes Phänomen ist Sinstedens Windmühle (1860): Die Silhouette einer Windmühle scheint ihre Drehrichtung zu verändern, so daß sich nicht sagen läßt, ob man sie von vorne oder von hinten sieht. Einer der vier Arme der Windmühle wird als entweder vor oder hinter ihr wahrgenommen (was bei einer Silhouette nicht direkt beurteilt werden kann; dadurch wird der Eindruck einer unterschiedlichen Bewegungsrichtung hervorgerufen).
Die Konvergenz war bereits den Griechen bekannt, z.B. Euklid. Deren Bedeutung wurde aber nicht so schnell erkannt, allerdings konnte Aguilonius (1613) die richtige Bedeutung beschreiben. Dieser stellte sich den Horopter als eine Ebene vor, die den Punkt der Fixierung enthält, so daß die Distanz zwischen Horopter und Beobachter vom Winkel zwischen den Augen abhängt. Descartes (1637) glaubte, daß das Auge die Entfernungen am Konvergenzwinkel erfühlen kann (wie ein Blinder mit zwei Stöcken) durch Anwendung einer natürlichen Geometrie.
Berkeley (1709) stellte die Frage, wie es von den Augenbewegungen zum Entfernungseindruck kommen kann. Er schlägt folgende Lösung vor: Beim Annähern oder Entfernen eines fixierten Objektes verändert sich der Abstand zwischen den Pupillen; diese Augenbewegung ist mit einer Empfindung von größerer bzw. kleinerer Distanz verbunden. Aufgrund erlernter Erfahrungen kann daraus die Entfernung abgeschätzt werden. Die Theorie von Berkeley hielt sich 200 Jahre lang, sie wurde beispielsweise von Helmholtz, Wundt und Titchener vertreten.
Akkomodation wurde ein Thema seit der Entdeckung der Linse des Auges und der Retina als sensitives Element durch Keppler (1604) (bzw. der Bestätigung der Optik des Auges durch Scheiner, 1625, und Descartes, 1637). Scheiner (1619) konnte durch folgendes Experiment zeigen, daß sich die Brennweite des Auges bei der Akkommodation verändert (Scheiner-Experiment): In eine Karte werden mit einer Nadel zwei Löcher gemacht, die enger beieinander liegen als der Durchmesser der Pupille. Blickt man durch diese Karte auf zwei unterschiedlich weit entfernte Nadeln, so erscheint die jeweils fixierte einfach und die nicht fixierte doppelt. Dies läßt sich nur durch eine Veränderung der Brechkraft des Auges erklären.
Descartes (1637) behauptete korrekt, daß die Akkommodation durch unterschiedliche Krümmung der Linse zustandekommt und daß Akkommodation für kürzere Distanzen (bis ca. 1.2 Meter) wichtig ist, während Kovergenz vor allem bei größeren Distanzen eine Rolle spielt. Berkeley (1709) behauptet, daß bei sehr geringen Entfernungen außerdem die Unschärfe der Wahrnehmung eine wichtige Rolle spielt, sowie die Anstrengung des Auges. Die entscheidende Behandlung der Akkommodation stammt von Helmholtz. Boring nennt sechs verschiedene Theorien zur Akkommodation:
Von Helmholtz stammt auch die genaue Beschreibung des Mechanismus, mit dem die unterschiedliche Linsenkrümmung erzielt wird. Er schlägt vor, daß die Linse elastisch ist und unter Spannung aufgehängt ist (also in Richtung Nahakkomodation tendiert). Mit Hilfe der Ciliar-Muskeln kann allerdings die Linse zur Akkommodation gespannt werden. Bei der Nahakkommodation spannen sich die Muskeln (unter Anstrengung) an, die Spannung der Linse läßt nach und sie wölbt sich stärker.
Interessant ist auch der Zusammenhang zwischen Akkommodation und Konvergenz. In einem der ersten Experimente von Wundt (1859) betrachteten die VPn durch eine Röhre einen entfernten weißen Hintergrund. Im so wahrnehmbaren Gesichtsfeld befand sich ein Faden, dessen Entfernung zum Beobachter variiert werden konnte, ohne daß dessen Enden sichtbar wurden. Zuerst sollte der Hintergrund betrachtet werden, dann der Faden, um die Distanz zu beurteilen. Unmittelbar danach (während der Beobachter seinen Kopf kurz wegdrehte) wurde die Entfernung des Fadens verändert und der Beobachter sollte angeben, ob er näher oder weiter entfernt sei. So wurden die ebenmerklichen Entfernungsunterschiede sowohl für monokulares als auch für binokulares Sehen bestimmt. Wundt folgerte, daß die Konvergenz wichtiger ist als die Akkommodation, da die ebenmerklichen Unterschiede bei binokularer Betrachtung deutlich geringer ausfallen; (nur) bei monokularer Betrachtung war die Unterschiedsschwelle für zunehmende Entfernungen außerdem deutlich höher als für abnehmende Entfernungen. Daraus folgerte Wundt, daß das Aktivieren von Muskeln genauer wahrgenommen werden kann als deren Entspannen.
Hillebrand (1894) kritisierte diese Versuche und eliminierte den Effekt der wahrgenommenen Größe, indem er eine Linie ohne Breite einsetzte (die scharf abgeschnittene Kante einer Pappe, die die Hälfte des Gesichtsfeldes einnimmt). Für abrupte Entfernungsänderungen konnte der Schirm auf einer Seite durch einen Schirm mit anderer Entfernung auf der anderen Seite ersetzt werden, für langsame Entfernungsveränderungen konnte der Schirm entlang der Sehachse vor- und zurückbewegt werden. Es wurde nur monokulare Betrachtung untersucht, um Doppelbilder als Tiefenkriterium auszuschließen. Hillebrand, der davon ausging, daß Akkommodation und Konvergenz immer gemeinsam auftreten, konnte bei langsamen Bewegungen keine Schwellen bestimmen. Daraus folgerte er, daß Akkommodation keine Tiefeninformation liefert. Bei abrupten Veränderungen ergaben sich (relativ hohe) Unterschiedsschwellen.
Baird (1903) untersuchte mit der Hillebrandschen Apparatur, aber monokularem und binokularem Sehen denselben Sachverhalt. Er findet wieder deutlich geringere Schwellen für binokulare Wahrnehmung und gleiche Schwellen für Annäherung und Entfernen bei binokularer Betrachtung; bei monokularer Betrachtung ist die Schwelle für Entfernen deutlich höher als diejenige für Annähern. Baird folgert daraus, daß Konvergenz der wichtigste Entfernungsreiz ist. Er konnte diese Schwellen auch für graduelle Bewegungen finden, wenn auch deutlich höhere. Seine Folgerung war, daß Akkommodation eine untergeordnete Rolle spielt und nur bei monokularer Betrachtung bedeutsam wird.
Einer der Beobachter von Baird konnte nur extrem langsam akkommodieren. Dessen Unterschiedsschwellen liegen bei monokularer Betrachtung in allen Bedingungen über den Werten der anderen Versuchspersonen; bei binokularem Sehen zeigen sich dagegen keine Unterschiede. Dies kann als zusätzliche Bestätigung von Bairds Theorie gewertet werden.
Da die beiden Augen 6 bis 7 cm auseinander liegen, sehen sie Objekte etwas unterschiedlich. Erst Wheatstone (1833) versuchte, diese Disparität als Tiefenkriterium einzusetzen; vorher glaubte man entsprechend der Theorie der korrespondierenden Punkte, daß solche Disparitäten zu Doppelbildern führen. Da jedoch Doppelbilder nicht identisch mit Tiefenwahrnehmung sind, war die Disparität lange Zeit unerklärt.
Euklid bemerkte, daß bei Betrachtung einer Kugel ein einzelnes Auge etwas weniger als die Hälfte der Kugel wahrnimmt; ist der Durchmesser der Kugel aber kleiner als der Abstand zwischen den Augen, kann binokular mehr als eine Hemisphäre wahrgenommen werden. Bei Kugeln tritt das Problem der retinalen Disparität allerdings nicht auf. Galen (175 A.D.) beschreibt die Unterschiede zwischen einäugiger und beidäugiger Betrachtung einer Säule, kommt aber nur zu dem Schluß, daß beidäugig mehr wahrgenommen wird. Leonardo da Vinci (1519) erkannte, daß man mit einem zweidimensionalen Abbild nicht alle Merkmale einer dreidimensionalen Szene wiedergeben kann. Er beschreibt das scheinbare Paradox, daß man bei binokularer Betrachtung den kompletten Hintergrund einer kleinen Kugel sehen kann, obwohl diese nicht transparent ist.
Auch Aguilonius (1613) fragte sich, warum feste Objekte, die nicht vollständig auf dem Horopter liegen, dennoch nicht doppelt wahrgenommen werden; als Begründung nennt er common sense. Er versuchte, die Disparität wegzuerklären, anstatt sie als Bedingung für Tiefenwahrnehmung zu erkennen.
Wheatstone (1833) erklärte als erster die Disparität als ein Tiefenkriterium, ohne zunächst zu wissen, wie dies genau funktioniert. Um seine Theorie zu bestätigen erfand er das Stereoskop, bei dem zwei Spiegel den Augen zwei unterschiedliche Zeichnungen präsentieren. Wheatstone konnte auf diese Weise demonstrieren, daß retinale Disparität als alleiniges Tiefenkriterium bereits für einen Tiefeneindruck ausreicht. Das stereoskopische Experiment ist auch deshalb so überzeugend, weil es mit synthetischen Reizen operiert.
Nachdem das Prinzip der Stereoskope bekannt war, wurden schnell viele verschiedene Varianten erfunden:
Panum (1858) zog daraus den Schluß, daß der Raum angeboren ist. Entsprechend der Theorie Webers (doppelte taktile Stimulation einen Sensitivitäts-Kreises führt zu einer einzigen Empfindung) glaubte er, daß Konturen, die in einen korrespondierenden Wahrnehmungs-Kreis auf beiden Retinas fallen, auch nur einmal wahrgenommen werden und nicht doppelt. Herings Theorie der lokalen Zeichen ist stark von Panum beeinflußt.
Die retinale Größe eines Objektes nimmt mit zunehmender Entfernung vom Beobachter ab; dennoch erscheint der Gegenstand aber gleich groß. Dieses Phänomen bezeichnen die Gestaltpsychologen als Größenkonstanz. Auf Hering (1879) geht dabei die Unterscheidung zwischen drei verschiedenen Arten von Größe zurück:
Euklid versuchte, eine Äquivalenz zwischen Sehwinkel und geschätzter Größe zu finden. Er modifizierte allerdings seine strenge Geometrie aufgrund der Beobachtung, daß gleiche Größen in unterschiedlichen Entfernungen in ihrer Größe nicht umgekehrt proportional zur Entfernung erscheinen.
Im 18. Jahrhundert stieß man bereits auf das Alleen-Problem: Eine Allee scheint sich im Fluchtpunkt zu treffen, obwohl doch beide Linien parallel sind. Porterfield (1759) begründete dies damit, daß die Entfernung zwischen den beiden Seiten mit zunehmender Distanz unterschätzt wird. Bei Betrachtung von Eisenbahnschienen erkannt man aber, daß deren Abstand nicht mit derselben Rate schwindet, mit der die Distanz zunimmt.
Im 19. Jahrhundert existierten verschiedene Theorien nebeneinander, wobei die Größe des retinalen Abbildes als wichtigster Faktor für die wahrgenommene Größe betrachtet wurde. Diese Ansicht trifft zwar beim zweidimensionalen Sehen zu, bei der Raumwahrnehmung wird aber auf diese Weise der Einfluß des Sehwinkels auf die geschätzte Größe überschätzt.
H. Meyer (1842) beobachtete, daß sich wiederholende Tapetenmuster mit verschiedenen Graden der Konvergenz betrachtet werden können. Je größer die Konvergenz der beiden Augen ist, desto näher und kleiner erscheinen die Figuren, die sich aus dem Muster ergeben. Der Physiologe Ludwig (1852) beschreibt dagegen eine gegenteilige Beobachtung: Fixiert man ein Fenster, während man einen Bleistift in der Hand hält, und fixiert anschließend den Stift, so scheint das Fenster zu schrumpfen. Panum (1859) versuchte diese beiden Beobachtungen zu vereinbaren: Panum beobachtete, daß das von einer camera obscura erzeugte Abbild eines entfernten Gegenstandes, das auf einen Schirm projiziert wird, sehr viel kleiner erscheint als das Objekt in der Ferne selbst. Er fand auch, daß die Größe eines Nachbildes mit der Entfernung des Grundes variiert, auf den es projiziert wird. Die wahrgenommene Größe variiert also mit der wahrgenommenen Entfernung, auch wenn die retinale Größe konstant bleibt.
Fechner (1860) hielt zwei Orientierungspunkte, die eine bestimmte Entfernung auseinander lagen, in einen gewissen Abstand vor seine Augen. Zwei andere Punkte in doppelter Entfernung und mit doppeltem Abstand erscheinen weiter auseinander. Hering (1861) beschreibt, daß die wahrgenommene Größe eines Fensters zunimmt, wenn man seine Hand fixiert und dabei auf das Fenster zubewegt. Daraus folgert er, daß die Größe des fixierten Objektes konstant bleibt, obwohl sich dessen Entfernung verändert, und daß die wahrgenommene Größe anderer Objekte variiert. Weil die retinale Größe der Hand kleiner wird, während die des Fensters konstant bleibt, scheint letzteres zu wachsen.
Diese Zusammenhänge lassen sich durch das Gesetz von Emmert (1881) beschreiben:
wobei O die lineare Größe des Objektes ist, N die lineare Größe des Nachbildes, d die Entfernung des Objektes vom Beobachter und D die Entfernung zwischen Beobachter und Projektionsfläche für das Nachbild. Dieses Gesetz besagt, daß die wahrgenommene Größe des Nachbildes direkt proportional ist zur wahrgenommenen Entfernung der Projektionsfläche. Indirekt wird dadurch auch Größenkonstanz impliziert. Würden sowohl das Gesetz von Emmert als auch Größenkonstanz exakt zutreffen, dann wäre die wahrgenommene Größe proportional zum Produkt aus dem Sehwinkel des Objekts und dessen Distanz zum Beobachter.
Die ersten Experimente hierzu stammen aus Wundts Labor von Martius (1889). Er präsentierte in einem Abstand von 50 cm Stäbe mit einer Länge von 20, 50 und 100 cm; der Beobachter sollte daraufhin in einer Distanz von 300 bzw. 575 cm einen gleich lang erscheinenden Stab auswählen. Er ergibt sich Objektkonstanz und nicht etwa Konstanz der retinalen Größe. Es ist aber fraglich, ob bei diesem Versuch genau zwischen phänomenaler und geschätzter Größe unterschieden werden kann: Möglicherweise erschienen die entfernteren Stäbe zwar kleiner, der Beobachter berücksichtigte aber sein Wissen um deren Entfernung.
Hillebrad (1902) führte unter dem Einfluß von Hering folgendes (modifizierte) Alleen-Experiment durch: Der Beobachter sitzt am Ende eines 4 m langen und 1 m breiten Tisches, der mit weißem Papier bedeckt ist und dessen Achsen in der Mitte deutlich eingezeichnet sind. Am anderen Ende des Tischs sind zwei Fäden befestigt, deren Abstand (mittig zur Achse) zwischen 10 und 39 cm beträgt. Die Beobachter konnten die laterale Position der Fäden variieren; sie sollten dies so tun, daß die beiden entstehenden Linien parallel erscheinen. Es ergibt sich, daß sich die Fäden nach außen ausbeulen müssen: Ihr Abstand muß erhöht werden, um gegen die Tendenz des Zusammenfallens zu wirken. Hillebrand fand außerdem, daß die Divergenz für weiter auseinanderliegende Zielpunkte größer ist, aber niemals die Divergenz von Linien mit konstantem Sehwinkel erreicht. Sehr enge Alleen nähern sich der konstanten Entfernung echter Parallelen an.
Die Verwendung von Fäden im Alleen-Experiment impliziert, daß die parallelen Seiten einer Allee gerade sind; dies muß aber nicht unbedingt der Fall sein. Hillebrand wiederholte sein Experiment deshalb mit vielen Fäden, die vertikal auf jeder Seite der Allee befestigt waren. Die Entfernungen zwischen Paaren gegenüberliegender Fäden konnte eingestellt werden und so der Verlauf von als parallel wahrgenommenen Linien bestimmt werden. Auch hier ergibt sich wieder, daß die Distanz der gegenüberliegenden Punkte der Allee mit zunehmender Entfernung ebenfalls zunimmt.
Das Alleen-Experiment wurde von Poppelreuter (1911) mit festen vertikalen Stäben repliziert: Um scheinbar parallele vertikale Oberflächen zu bilden, sind die von den Stäben gebildeten Oberflächen weder parallel noch konvergieren sie so stark wie der Sehwinkel noch handelt es sich um Geraden. Sie sind etwas gebogen und liegen zwischen dem Ort eines konstanten Winkels und dem Ort konstanten Abstandes.
Blumenfeld (1913) versuchte, die visuellen Bezugspunkte der Versuchsanordnung zu eliminieren, indem er in einem abgedunkeltem Raum winzige Gasflämmchen präsentierte; die Flammen solten so positioniert werden, daß sie auf zwei als parallel wahrgenommenen Linien liegen. Hier ergaben sich Einstellungen, die näher am konstanten Sehwinkel lagen als diejenigen bei Hillebrand oder Poppelreuter. Ohne weitere Tiefenkriterien kann nur noch durch den Sehwinkel die Distanz bestimmt werden, so daß dessen Einfluß zunimmt.
Folgende weitere Bufunde zur wahrgenommenen Größe sind wichtig: Auch Schimpansen können die objektive Größe eines Gegenstandes unabhängig von dessen Entfernung einschätzen (Köhler, 1915); Götz (1926) konnte zeigen, daß dies auch für Hühner gilt: Das Huhn sollte lernen, das größere von zwei Körnern zu fressen; wird ein großes Korn in sehr viel höherer Entfernung als ein kleineres dargeboten, wählt das Huhn dennoch das größere. Es ist aber kaum davon auszugehen, daß das Huhn dazu (bewußte oder unbewußte) Schlußfolgerungen zieht.
Beryl (1926) fand für Schachteln und Kreise beinahe perfekte Größenkonstanz bei Erwachsenen, bei Kindern dagegen die Tendenz, weiter entfernte Objekte zu groß auszuwählen. Mit zunehmendem Alter wird die Größenkonstanz besser. Thouless (1932) und Sheehan (1938) fanden große individuelle Unterschiede in der Größenkonstanz in Abhängigkeit von Übung, Intelligenz und Alter. Außerdem wirken sich visuelle Details und Abweichungen vom üblichen Erscheinungsbild aus; irreführende Kontexte stören besonders.
Holaday (1933) untersuchte die allgemeinen Voraussetzungen von Konstanzphänomenen. Die größte Konstanz ergibt sich, wenn man sich auch explizit darum bemüht. Viele Gegenstände zwischen dem Beobachter und dem Zielobjekt erhöhen die Größenkonstanz ebenfalls. Man gelangt hier also wieder zu Berkeleys (1709) Standpunkt, daß die Wahrnehmung der Größe eines Objekts von dessen wahrgenommener Entfernung abhängt.
Eines der wichtigsten Ziele der Gestaltpsychologie war es zu zeigen, daß keine feste Beziehung zwischen dem Reiz und der Wahrnehmung besteht, da auf die Wahrnehmung dynamische Kräfte in strukturierender Weise einwirken. Das zeigt sich besonders deutlich im Prinzip der Größenkonstanz, das behauptet, die wahrgenommene Größe eines Objektes würde sich mit dessen Entfernung nicht verändern (obwohl sich die ``gesehene'' Größe mit zunehmender Entfernung verringert, allerdings nicht so stark wie der Sehwinkel).
Der Gestaltpsychologie ist die moderne Anschauung zu verdanken, daß systemische Aspekte der Wahrnehmung beachtet werden. Tiefe und Distanz werden beispielsweise nur als Dimensionen einer Wahrnehmung betrachtet, die unter dynamischen Gesetzen in einem dreidimensionalen Feld organisiert wird. Koffka betont dabei die folgenden fünf Positionen: