Die Grassmann'schen Gesetze

Rainer Zwisler

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Grassmann's (1853) Gesetze besagen, daß sich additive Farbmischung als positive Halbgruppe mit Aufhebungseigenschaft und Intensitätsveränderungen als skalare Vektormultiplikation auffassen lassen:

DEFINITION 1: Eine Grassmann-Struktur ist ein Quadrupel tex2html_wrap_inline77 , wobei A eine Menge, tex2html_wrap_inline81 eine Abbildung auf tex2html_wrap_inline83 , tex2html_wrap_inline85 ein Abbildung auf tex2html_wrap_inline87 und tex2html_wrap_inline89 eine binäre Relation auf A ist, die die Axiome 1 - 5 erfüllt.

  1. tex2html_wrap_inline93 ist eine kommutative Halbgruppe mit Aufhebungseigenschaft, d.h., für alle tex2html_wrap_inline95 gilt:
    1. tex2html_wrap_inline97 ;
    2. tex2html_wrap_inline99 ;
    3. aus tex2html_wrap_inline101 folgt a = b;
    4. tex2html_wrap_inline105 .
    Also: Die additive Mischung von Farben, experimentell realisierbar beispielsweise durch Übereinander-Projezieren zweier Farben a, b, c aus der Menge der Farben A, erfüllt die Bedingungen für ein kommutative Gruppe mit Aufhebungseigenschaft, d.h. Addition macht Sinn.
  2. tex2html_wrap_inline85 ist eine Skalarmultiplikation auf tex2html_wrap_inline93 , d.h., für alle tex2html_wrap_inline115 und alle tex2html_wrap_inline117 gilt:
    1. tex2html_wrap_inline119 ;
    2. tex2html_wrap_inline121 ;
    3. tex2html_wrap_inline123 ;
    4. tex2html_wrap_inline125 ;
    5. tex2html_wrap_inline127 .
    Also: Die Multiplikation mit einer skalaren Konstanten t läßt sich al skalare Multiplikation auf tex2html_wrap_inline93 beschreiben; es handelt sich dabei um die Variation der Intensität (Helligkeit) eines Farbreizes.
  3. Gesetze der Äquivalenz: tex2html_wrap_inline89 ist eine Äquivalenzrelation auf A, d.h., für alle tex2html_wrap_inline95 gilt:
    1. tex2html_wrap_inline139 ;
    2. wenn tex2html_wrap_inline141 , dann tex2html_wrap_inline143 ;
    3. wenn tex2html_wrap_inline141 und tex2html_wrap_inline147 , dann tex2html_wrap_inline149 .
    Also: Dieses Gesetz befaßt sich mit der Metamerierelation tex2html_wrap_inline89 , die empirisch Farbmatches entspricht. Farben lassen sich dementsprechend als Äquivalenzklassen subjektiv gleichartiger Farbreize - ausgedrückt durch die Relation tex2html_wrap_inline89 - definieren.
  4. Gesetze der Additivität: Für alle tex2html_wrap_inline95 gilt

    displaymath38

    Dieses Gesetz, auch als drittes Grassmann'sches Gesetz bekannt, beschäftigt sich mit der Verträglichkeit von tex2html_wrap_inline81 uns tex2html_wrap_inline89 : Die Metamerierelation zwischen zwei Farben bleibt auch dann erhalten, wenn zu beiden eine jeweils gleiche dritte Farbe hinzugemischt wird.

  5. Gesetze der skalaren Multiplikation: Für alle tex2html_wrap_inline115 und alle tex2html_wrap_inline163 gilt:

    displaymath44

    Dieses Gesetz beschäftigt sich mit der Verträglichkeit von tex2html_wrap_inline85 uns tex2html_wrap_inline89 . Die Metamerierelation zwischen zwei Farben bleibt auch dann erhalten, wenn die Intensität beider Farben um den gleichen Betrag erhöht/verringert wird.

  6. Gesetze der Trichromatizität, das sogenannte erste Grassmann'sche Gesetz:
    1. Zu allen tex2html_wrap_inline169 existieren tex2html_wrap_inline171 mit tex2html_wrap_inline173 für wenigstens ein tex2html_wrap_inline175 , so daß gilt:

      displaymath52

      Werden die selben vier Farben in unterschiedlichen Verhältnissen gemischt, lassen sich dennoch immer verschiedene Mischungsverhältnisse finden, die dennoch metamere Reize bilden (d.h. bei vier Farben gibt es immer verschiedene Möglichkeiten, sie zu einer bestimmten Farbe zu kombinieren).

    2. Es existieren beliebige Reize tex2html_wrap_inline177 , so daß für beliebige tex2html_wrap_inline179 aus

      eqnarray59

      Metamerie einer Mischung aus drei Farbreizen läßt sich nur bei gleichem Mischungsverhältnis erzeugen (d.h. bei drei Farben gibt es genau eine einzige Möglichkeit, diese so zu mischen, daß deren Mischung zu einer bestimmten anderen Farbe metamer ist).

Eine Menge tex2html_wrap_inline181 , die die Bedingung (6b) erfüllt, nennt man Basis oder auch Menge der Primärfarben.

THEOREM 1 (Repräsentationssatz): Sei tex2html_wrap_inline77 eine Grassmann-Struktur. Dann existieren ein Vektorraum V über tex2html_wrap_inline187 , ein konvexer Kegel tex2html_wrap_inline189 und eine Abbildung tex2html_wrap_inline191 von A nach C, so daß für alle tex2html_wrap_inline197 und tex2html_wrap_inline199 gilt:

  1. tex2html_wrap_inline201 ;
  2. tex2html_wrap_inline203 ;
  3. tex2html_wrap_inline141 genau dann, wenn tex2html_wrap_inline207 ;
  4. es existieren tex2html_wrap_inline209 , so daß tex2html_wrap_inline211 .
Die Abbildung tex2html_wrap_inline191 ist ein Homomorphismus der Grassmann-Struktur tex2html_wrap_inline77 auf tex2html_wrap_inline217 , wobei C ein konvexer Kegel in V ist; die Eigenschaft 4 garantiert dabei, daß es sich bei V um einen minimalen Vektorraum handelt, da sich jedes Element von V als Differenz von Elementen tex2html_wrap_inline227 und tex2html_wrap_inline229 aus C erzeugen läßt.

THEOREM 2 (Eindeutigkeitssatz): Sei tex2html_wrap_inline77 eine Grassmann-Struktur mit zwei Homomorphismen tex2html_wrap_inline235 auf konvexen Kegeln C, C' in den Vektorräumen V, V', die die Bedingungen 1-4 des Theorems 1 erfüllen. Dann existiert eine nichtsinguläre Abbildung T von V auf V', so daß für alle tex2html_wrap_inline247 gilt:

displaymath74

Die Abbildung tex2html_wrap_inline191 ist eindeutig bis auf nichtsinguläre lineare Transformationen.



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rainer@zwisler.de


Last modified 10-29-98